Wer selbst Obst besitzt, oder im Jahreslauf nach Obst an den Straßenrändern oder den Streuobstwiesen schaut, hat bemerkt, was in diesem Jahr vor sich ging. Er wurde Zeuge des „Jahrhundertobstjahres“ 2025. Im extensiven Obstanbau, d.h. auf den Streuobstweisen, genauso wie im Garten blühte, fruchtete und trug fast alles in großen Mengen und besten Qualitäten. Beerenfrüchte, Steinobst, wie Kirschen, Pflaumen, Mirabellen, Renekloden und Kernobst, wie Äpfel, Birnen und Quitten. Bei Weintrauben an Hausfassaden wurden Rekordernten erzielt.

Der bekannte Pomologe Dr. Werner Schuricht berichtete auf Nachfrage, dass er sich in seinen fast neun Jahrzehnten an eine solche Obsternte nicht erinnern kann. 

Welche hauptsächlichen Faktoren waren für dieses große Ereignis verantwortlich?

Das letzte Obstjahr 2024 war nahezu ein Totalausfalljahr. Ende April hatte ein sehr später und strenger Frost (bis minus 10 Grad Celsius im Hexengrund) zum Abstreben aller bis dahin angesetzten Blüten geführt. Folglich konnten keine Früchte ausgebildet werden. Mit dem starken Frost wurden aber nicht nur die Blüten, sondern auch Insektenpopulationen getilgt. U.a. traf das für die Kirschfruchtfliege und den Apfelwickler zu. Die Bäume waren 2024 nicht mit der Fruchtbildung beschäftigt. Sie konnten ihre Ressourcen vielmehr in die Holz- und Blütenentwicklung für das kommende Jahr stecken.

Das Obstjahr 2025 zeichnete sich dadurch aus, dass keine Spätfröste auftraten, dass für die Streuobstbäume ausreichend Regenwasser zur Verfügung stand und dass die Sonne nicht so unerbittlich schien. Bis auf ganz wenige Ausnahmen gab es keine Starkregen- oder Hagelereignisse. Weil weniger Schadinsekten vorhanden waren oder sich diese erst in späteren Generationen entwickelten, blieben die Früchte unbeschädigt.

Am besten war das bei den Kirschen zu beobachten. Bis zum Ende der Kirschsaison gab es fast keine Würmer in den Früchten. Man konnte die Kirschen, fast getrocknet und mit Appetit vom Baum naschen. Streuobstwiesenbesitzer und Erntehelfer konnten die Ernten kaum bewältigen. Das tat vielen Bewohnern weh. Tröstlich nur, dass die Früchte im fortwährenden Kreislauf vergehen, sich zersetzen und für das kommende Jahr Nährstoffe bilden.

Spätestens ab Ende August konnten wir feststellen, dass sich der Reifungsprozess des Obstes auf den Streuobstwiesen im Vergleich zum langjähigen Mittel um 14 Tag bis drei Woche nach vorn verlagerte. Da das Phänomen auch für die späten Winterapfelsorten, wie z.B. den Ontario, zutrifft, sollte man gedanklich schon jetzt diese Zeitspanne von der möglichen Obstlagerzeit abziehen.  

Alexander Pilling